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Farben und Farbgestaltung

Der Farbkreis: Farbenlehre nach Itten und Küppers

Kathrina Haunfelder
Verfasst von Kathrina Haunfelder
Zuletzt aktualisiert: 03. Mai 2024
Lesedauer: 11 Minuten
Farbkreis von Johannes Itten (1961). In diesem Modell sind Grundfarben sowie Sekundär- und Tertiärfarben enthalten. © Maler.org

Farben haben eine große Wirkung auf unsere Wahrnehmung und das allgemeine Wohlbefinden. Ein Mensch ist in der Lage über 5.000 verschiedene Farbnuancen zu erkennen. Fundierte Kenntnisse in der Farbenlehre ermöglichen Ihnen einen Raum harmonisch und angenehm zu gestalten.

Alles auf einen Blick:

  • Die bekanntesten Theorien stammen von Johannes Itten und Harald Küppers und sind wichtige Grundlagen der Farbenlehre.
  • Als Komplementärfarben werden Farben bezeichnet, die sich in einem Farbkreis gegenüber liegen.
  • Johannes Ittens Farbkreis, der wohl bekannteste, stellt sich aus Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben zusammen.
  • RAL Farben sind mit speziellen Nummern gekennzeichnet und gehören zu einem universell einheitlichen System. Sie bieten so Anhaltspunkte bei der Wohnraumgestaltung.

Die Anfänge der Farbenlehre

Der griechischer Philosoph Aristoteles, der Künstler Leonardo da Vinci, der Physiker Isaac Newton und der Dichter Johann Wolfgang von Goethe waren von Farbtönen und deren Wirkung fasziniert. Durch ihre Nachforschungen entstanden nach und nach die ersten Theorien. Damit wurden die Grundlagen für die heutige Farbenlehre geschaffen.

Wie entstand die Farblehre?

Die Anfänge der Farbenlehre führen zum Philosophen Aristoteles (384-322 v. Chr.). Er erstellte eine lineare Ordnung, in der er Farben nach Helligkeiten aufreihte. Im 15. Jahrhundert hatte Leonardo da Vinci dann präzisere Vorstellungen. Er unterschied zwischen einfachen und zusammengesetzten Farben. Gelb zählte zur ersten Gruppe, während Blau, das Mischergebnis aus Dunkelheit und Licht war.

Der Physiker Isaac Newton (1643-1727) baute auf Leonardo da Vincis Annahmen auf. Er entdeckte durch einen Versuch mit Glasprisma und Licht die sogenannten Spektralfarben Violettblau, Ultramarin, Cynanblau, Grün, Gelb, Orange und Rot. Diese ordnete er in einem Farbkreis an. Rot, Grün und Blau bezeichnet er als Grundfarben, die zusammen ein neutrales Weiß ergeben. Schwarz beschrieb Newton als das Fehlen von Licht.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) war nicht nur Dichter, sondern auch Naturforscher. Er beschrieb Farbtöne als „Grenzphänomene“, die zwischen Helligkeit und Finsternis liegen. Für Goethe hatten Farben auch eine Aussagekraft über die Gefühlslage des Menschen. Diese Theorie wurde aufgrund des psychologischen Charakters von Wissenschaftlern kritisiert und abgelehnt. Dass Farben einen psychologischen Einfluss haben, wird heutzutage nicht mehr bestritten. Gerade in der Werbebranche wird dies genutzt.

Farbmischung und Kontraste

Eine Farbe wirkt nur im Verhältnis zu einer anderen. Durch den daraus entstehenden Kontrast können Farben stärker oder schwächer erscheinen. Hierbei spielen der Farbton (Wellenlänge), die Helligkeit (Lichtintensität) und die Sättigung (Reinheitsgrad) eine Rolle.



Wie entsteht ein Komplementärkontrast?

Ein Komplementärkontrast ergibt sich aus den Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen. Diese werden Komplementärfarben oder Ergänzungsfarben genannt. Je näher sich diese Farbpaare sind, desto intensiver ist die Leuchtkraft und damit auch der Farbreiz im Auge. Dieser entsteht, sobald Licht auf die Netzhaut fällt. Wird ein solcher Reiz registriert, wird er im Gehirn als Farbwahrnehmung verarbeitet.

TIPP:
Wenn zwei Komplementärfarben miteinander vermischt werden, löschen sie sich gegenseitig aus und es entsteht ein neutrales Grau.

Welche Farben wirken kalt und welche warm?

Die Unterscheidung zwischen warmen und kalten Farbtönen ist ein subjektives und emotionales Empfinden. Dieser Kalt-Warm-Kontrast basiert vermutlich auf den Naturbeobachtungen des Menschen. Blau wird mit Wasser oder Eis und Rot mit Feuer in Verbindung gebracht. Das könnte der Grund sein, weshalb Blau-Grün allgemein als die kälteste und Rot-Orange als wärmster Farbton gesehen werden.

In den meisten Farbkreisen ist eine klare Trennung der kalten und warmen Farben zu erkennen. Die gelbliche Seite ist der warme Bereich des Kreises und die Blautöne zeigen den kalten an.

Rot und Grün sind die Übergangsfarben. Je nach Gelb- und Blauanteil entscheidet sich, ob diese Töne kalt oder warm wirken. Der Kalt-Warm-Kontrast ist ein gutes Gestaltungsmittel, um eine Tiefenwirkung im Raum zu erzielen. Dabei wirken Blautöne fern und Gelbtöne schaffen eine gewisse Nähe.

Worin liegt der Unterschied zwischen subtraktiver und additiver Farbmischung?

Bei der subtraktiven Farbmischung werden nur definierte Wellenlängen von Licht absorbiert und der Rest gleichzeitig zurückreflektiert. Die farbliche Wirkung eines Objekts hängt letztendlich von den Lichtanteilen ab, die nicht vom Auge absorbiert wurden. Die abgestoßenen Lichtwellen treffen auf die Rezeptoren und werden zu einer Wahrnehmung verarbeitet. Die Grundfarben bei einer subtraktiven Farbmischung sind Gelb, Magenta und Cyan (Blaugrün).

Betrachten wir also einen gelbe Fläche, werden gelbe Wellenlänge des einfallenden Lichtes abgestrahlt und alle anderen Farben werden verschluckt. Die subtraktive Farbmischung lässt sich mit den folgenden drei Regeln zusammenfassen:

  • Durch verschiedene Mischverhältnisse der drei Grundfarben ergeben sich alle Farben des Farbkreises.
  • Besitzen alle drei Grundfarben die gleiche Intensität und werden vermischt, ist Schwarz das Ergebnis.
  • Werden zwei Komplementärfarben miteinander vermischt, ergibt das einen grauen bis schwarzen Farbton.

Bei der additiven Farbmischung werden Lichtfarben auf einen Punkt gelenkt, an dem sie sich vermischen. Die Grundfarben für die additive Mischung sind Rot, Grün und Blau. Durch die Überlagerung der unterschiedlichen Lichtfarben an dieser einen Stelle entstehen neue Farben. Auch hier können aus den Grundfarben, wie bei der subtraktiven Farbmischung, alle restlichen Farben gewonnen werden. Treffen alle drei Lichtfarben mit der gleichen Intensität oder Komplementärfarben aufeinander, entsteht weißes Licht.

Zwischen diesen beiden Arten der Farbmischung und deren Grundfarben lassen sich Zusammenhänge erkennen. Bestimmte Grundfarben der additiven und subtraktiven Farbmischung ergeben durch additive Mischung ein Weiß. Sie sind also komplementär zueinander.

Farblehre nach Johannes Itten und Harald Küppers

Der Maler und Kunstpädagoge Johannes Itten und der Drucktechniker Harald Küppers entwickelten zwei der bekanntesten Farbtheorien. Vor allem Ittens Farbkreis wird als Grundlage der Farbenlehre noch heute in den Schulen vermittelt.

Wie baut sich der Farbkreis nach Johannes Itten auf?

Der Farbkreis von Johannes Wittens besteht aus Primär-, Sekundär- und Teritärfarben. Itten definiert Gelb, Rot und Blau als Primärfarben. Diese Grundfarben werden in einem Dreieck dargestellt und vom Farbkreis umschlossen. Im äußeren Farbkreis sind die drei Primärfarben nochmals abgebildet.

Farbkreis nach Johannes Itten in der Farbenlehre

Primärfarben können nie aus anderen Farben entstehen. Andersrum können alle Farben aber aus Primärfarben kombiniert werden. Dadurch entstehen die sogenannten Sekundärfarben:

Blau + Rot = Violett

Gelb + Blau = Grün

Rot + Gelb = Orange

Sekundärfarben, die aus einem 50:50 Mischverhältnis der Primärfarben entstehen, befinden sich an den drei Seiten des Primärfarbendreiecks. Der Farbkreis zeigt die Sekundärfarben, die einen größeren oder kleineren Mischungsanteil der beiden Primärfarben besitzen.

Aus dem Mischverhältnis der Primär- und Sekundärfarben entstehen die Tertiärfarben: Blaugrün, Blauviolett, Purpurrot, Orangerot, Dunkelgelb, Hellgrün. Diese befinden sich in Ittens Farbkreis zwischen den Primär-und Sekundärfarben, aus denen sie gemischt werden.

Im Kreis gegenüberliegende Farben werden als Komplementärfarben bezeichnet, zum Beispiels Gelb zu Violett, Blau zu Orange, Rot zu Grün. Werden diese miteinander vermischt, entsteht Grau.



Wie setzt sich der Farbkreis nach Harald Küppers zusammen?

Der Drucktechniker Harald Küppers baut seine Theorie auf die Funktion des Sehorgans des Menschen und die additive und subtraktive Farbmischung auf.

In Küppers Farbtheorie wird zwischen Urfarben und Grundfarben unterschieden. Die Urfarben (Orangerot, Violettblau und Grün) zählt Küppers zu den Basisempfindungen. Aus ihnen entstehen wiederum sechs Grundfarben: Gelb, Cyan, Magenta, Grün, Blau und Rot.

Im Gegensatz zu Itten stellt Küppers seine Farbtheorie nicht in einem Kreis, sondern in einem Buntarten-Sechseck dar. Dabei befinden sich die Grundfarben in den Ecken.

Schwarz und Weiß bilden eine Teilgruppe der Grundfarben. Diese bezeichnet er als Unbuntfarben. Sie werden nicht im Farbsechseck dargestellt, sondern separat in einer Unbuntenarten-Gerade. Darin verläuft von Schwarz über Grau in die Farbe Weiß.

Frabkreis nach Harlald Küppers in der Farbenlehre

Welche Kritik gibt es zu Küppers und Ittens Farbtheorien?

Die Schulen in Deutschland beziehen sich noch immer auf den Farbkreis von Itten. Jedoch stößt sein dargestellter Farbkreis auch auf Kritik. Die Grundfarben seien subjektiv ausgewählt und die Theorie bezieht sich nicht auf die Farbwissenschaft, heißt es immer wieder.

Während Itten in seinem Farbsystem Gelb, Rot und Blau als Primärfarben definiert, widerspricht Küppers dieser Annahme. Für Küppers sind das Sekundärfarben. Küppers kritisiert zudem, dass Itten in seiner Farbtheorie die Farben weiß und schwarz nicht miteinbezieht. Auch hing Itten sehr stark an seinen Idealvorstellungen, gerade bei den Tertiärfarben, die er selbst nicht getestet hat, so Küppers.

Gerade heutige Forscher und Wissenschaftler weisen immer wieder auf die fehlerhaften Schlussfolgerungen von Küppers und Itten hin. Für die Farbenlehre sind beide freilich dennoch relevant.

Professionelle Farbauswahl

Für Handwerker und deren Kundschaft sind die Farbfächer oder der Farbkatalog eine gute Orientierung bei der Suche nach der passenden Farbe.

RAL Farben

Die RAL Farben gehören zum einheitlichen RAL-Farbsystem, das von der unabhängigen und gemeinnützigen RAL GmbH geprüft und veröffentlicht wird. Dieses System ist nicht als Empfehlung zu interpretieren, ob die Farben für den Innen- oder Außenbereich geeignet sind oder ob es sich um Holz- oder Lackfarben handelt. Es geht allein um die Orientierung in der Farbgebung. Es handelt sich also um eine Art Datenbank, in der jeder Farbton nummeriert ist. Dadurch können Farbwünsche universal ohne Kommunikationsproblem genau erfüllt werden. Im RAL System sind zudem keine Farbtöne von Herstellern abgebildet.

EXPERTENTIPP:
„Die Arbeit mit einem RAL-Farbenkatalog hilft Ihnen dabei, Farben schneller zu definieren und zu finden. Das RAL Farbsystem ist auch international anerkannt und sorgt somit für eine fehlerfreie Kommunikation der Farbwünsche.“
Martin Meyer – Malermeister
 

Fazit

Das Thema Farbenlehre ist umfangreich und komplex. Mit dem richtigen Grundwissen lassen sich Räume und andere Designs besser in Szene setzen. Die Lehre von Itten mit den Primärfarben Gelb, Blau und Rot hat sich im Laufe der Zeit am stärksten durchgesetzt. Dabei sind Primär-, Sekundär- und Teritärfarben sowie Komplementärfarben die wichtigsten Begriffe.

Kippers kritisiert an diesem Modell, dass Itten Schwarz und Weiß nicht berücksichtigt und seine Farbmischungen bei den Tertiärfarben in der Praxis nicht umsetzbar sind. Auch gegen Küppers gibt es kritische Stimmen, die seine Arbeiten als fehlerhaft betrachten. Trotz der Kritik gegen Itten und Küppers gehören beide Lehren zu den Grundlagen in der Farbenlehre.

Über unseren Experten Martin Meyer

Der Expertentipp zum Thema RAL Farben stammt von Martin Meyer. Er ist Malermeister in Hamburg.

Hier finden Sie das Firmen-Profil von Martin Meyer

Häufig gestellte Fragen: FAQs zur Farbenlehre nach Itten & Küppers

Was ist der Farbkreis nach Johannes Itten?

Der Farbkreis nach Johannes Itten ist ein Hilfsmittel aus der Farbenlehre, das zeigt, wie sich Farben zueinander verhalten und wie sie sich kombinieren lassen. Itten identifizierte Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben und erklärte, wie man durch Mischen dieser Farben ein breites Spektrum an Nuancen erzeugen kann.

Wie unterscheidet sich der Farbkreis nach Harald Küppers von dem nach Itten?

Während Ittens Farbkreis auf der subjektiven Wahrnehmung von Farben basiert, entwickelte Harald Küppers einen Farbkreis, der sich stärker auf eine wissenschaftliche Analyse stützt. Küppers betrachtet Farben in Bezug auf ihre physikalischen Eigenschaften und wie sie durch Licht entstehen, was zu einem anderen Aufbau seines Farbkreises führt.

Was sind Komplementärfarben?

Komplementärfarben sind Farben, die sich im Farbkreis direkt gegenüberstehen. Diese Farben erzeugen einen starken Kontrast zueinander und, wenn kombiniert, eine hohe visuelle Wirkung. In der Praxis heben sich Komplementärfarben gegenseitig hervor und können in der Gestaltung effektiv eingesetzt werden, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Wie wähle ich die richtigen Farbkombinationen aus?

Die Auswahl der richtigen Farbkombinationen kann basierend auf verschiedenen Harmonieschemata erfolgen, die im Farbkreis dargestellt sind, wie z.B. analoge Farben, die nebeneinander liegen, oder triadische Farben, die gleichmäßig im Kreis verteilt sind. Diese Schemata helfen Designern und Künstlern, ästhetisch ansprechende und ausgewogene Farbkombinationen zu erstellen.

Warum ist die Farbenlehre wichtig in Design und Kunst?

Die Farbenlehre ist ein fundamentales Werkzeug in Design und Kunst, weil sie hilft zu verstehen, wie Farben interagieren, welche emotionale Wirkung sie haben und wie sie verwendet werden können, um bestimmte Stimmungen oder Reaktionen beim Betrachter hervorzurufen. Ein tiefes Verständnis der Farbenlehre ermöglicht kreativere und effektivere Gestaltungen.

Über unsere*n Autor*in
Kathrina Haunfelder
Kathrina studiert zurzeit Technikjournalismus und Technik-PR. Im Studium eignete Sie sich bereits die grundlegenden Kompetenzen in den Bereichen Print-, Online-, Hörfunk- und TV-Journalismus mit dem Schwerpunkt Technik an. Vor ihrem Studium absolvierte Sie eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin.