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Schimmelbeseitigung

Schimmelbeseitigung: Das Maler.org Experten-Interview

Bio-Malermeister Kai-Uwe Vogel
Verfasst von Bio-Malermeister Kai-Uwe Vogel
Zuletzt aktualisiert: 23. Januar 2023
Lesedauer: 10 Minuten
© Ekspansio - istockphoto.com

Schimmelpilze sind Pilze, die winzige, nur unter einem Mikroskop erkennbare Sporen ausbilden und eigentlich ein ganz normaler Bestandteil unserer natürlichen Umwelt sind. Sie zersetzen organisches Material und räumen sozusagen auf. Schimmelpilze sind ziemlich widerstandsfähig, können Jahre in Trockenheit überleben, sie brauchen allerdings Feuchtigkeit, um zu wachsen. Das Problem: Stimmt das Raumklima in unseren Wohnungen nicht, kann sich der Pilz festsetzen und rasant vermehren. Ein solcher Schimmelpilzbefall ist gesundheitsgefährdend und sollte so schnell wie möglich beseitigt werden. Das allerdings ist nicht ganz so einfach. Der Bio-Malermeister Kai-Uwe Vogel aus Ludwigshafen erklärt in einem Gespräch mit Maler.org, wie Sie das Problem an der Wurzel packen können. Oder besser gesagt: an den Hyphen.


Ein Mann sitzt in einem Sessel vor einem grauen Hintergrund und hält eine Auszeichnung mit der Aufschrift "Top bewertet". Er trägt eine Schiebermütze, einen grauen Pullover und Jeans.

Über unseren Experten

Kai-Uwe Vogel, der Bio-Malermeister aus Ludwigshafen, verbindet echtes Malerhandwerk mit Traditionswissen. Durch die fachmännische Verarbeitung von natürlichen, allergenarmen und schimmelhemmenden Materialien entsteht bei ihm nicht nur Wohlfühl-Atmosphäre, sondern auch echte Wohngesundheit.

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Herr Vogel, wie kommt es denn überhaupt zu Schimmel im Wohnraum und wie kann ich ihn vermeiden beziehungsweise vorbeugen?

Hier spielen drei Faktoren eine Rolle: die Luftfeuchtigkeit, die Raumtemperatur und die Oberflächentemperatur. Umso kälter ein Raum ist, umso mehr Luftfeuchtigkeit entsteht. Deswegen ist es auch wichtig, die Räume zu heizen und die Luftfeuchtigkeit in einem Bereich zwischen 40 und 60 Prozent zu halten. Denn ab einer Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent kommt es viel schneller zum Schimmelbefall. Mit einem sogenannten Hygrometer können Sie das ganz einfach nachmessen. Schon das richtige Gleichgewicht zwischen Heizen und Lüften kann viel ausmachen. Gekippte Fenster zum Beispiel sind reine Energieräuber und bringen gar nichts, weil kein Luftaustausch stattfinden kann. Aber den meisten von uns ist es ja gar nicht möglich, mehrmals am Tag alle Fenster richtig aufzumachen. Viel wichtiger ist es daher, die Wände richtig aufzubauen – um das Übel von Grund auf zu bekämpfen. Denn Schimmelsporen brauchen zwei Dinge, um sich anzusiedeln und zu vermehren:  Feuchtigkeit und organische Untergründe wie Raufasertapete oder Dispersionsfarbe auf Erdölbasis.

Jetzt sind Dispersionsfarben und Tapete aber die gängigen Mittel, um eine Wand zu verschönern. Was habe ich denn für schimmelvorbeugende Alternativen? Wie gestalte ich meine Decken und Wände, damit Schimmel keinen Nährboden findet?

Bestehen die Bindemittel zum Beispiel aus Kunststoffen wie Kunstharz, dann verkleben die Wände. Im Gegensatz zum Beispiel zu Kalkfarben, die sich mit dem Untergrund verbinden und letztendlich nichts anderes sind als Gestein. Sie können sich das so vorstellen: Wenn Sie jeden Tag von früh bis spät in Synthetik gekleidet sind, dann schwitzen sie auch ziemlich. Genauso geht es den Wänden, die wie die Haut eines Hauses sind. Sie können, wenn sie durch die falschen Farben verklebt sind, nicht richtig atmen, fangen an zu schwitzen, Kondenswasser bildet sich und der Schimmelbefall ist vorprogrammiert. Organische Farben enthalten nicht nur Erdöl und Konservierungsstoffe, sie sind auch wie eine Folie auf der Wand. Viel sinnvoller ist es also, die Wände von Grund auf richtig aufzubauen. Mit Kalkputz zum Beispiel oder Lehm, außerdem mit Silikat- oder Kalkfarbe.

Welche Vorteile haben Farben wie Kalkfarbe oder Silikatfarbe?

Kalkfarbe zum Beispiel ist atmungsaktiv und mit einem pH-Wert von 12,5 basisch, genau wie Silikatfarbe. Dieses basische Milieu mögen Schimmelpilze nicht, sie haben es lieber leicht sauer. Kalkputz, Kalkfarbe oder auch Silikatfarbe sind aufgrund ihrer Alkalität schimmelpilzhemmend und keimtötend. Außerdem können die Wände beim Heizen nicht nur warm werden, sondern diese Wärme auch wieder in den Raum abgeben. Diese Farben haben zusätzlich eine luftreinigende Funktion, Allergiker zum Beispiel profitieren hier besonders. Aber sie sind auch in der Lage, schlechte Gerüche wie zum Beispiel Zigarettenrauch aus der Luft zu binden, sie zu spalten und zu neutralisieren.

Der einzige Nachteil, den Kalkfarbe im Innenraum hat: Die Farbpalette ist nicht ganz so groß, da mit kalkechten Farbpigmenten gearbeitet wird und man kann nur 20 Prozent pigmentieren, auf 20 Liter Farbe also nur 2 Kilogramm Farbpigment verwenden. Anders ist das bei der Silikatfarbe, die Adolf Wilhelm Keim im 19. Jahrhundert „erfunden“ haben soll. Noch heute zählen die Keimfarben übrigens zu den führenden Mineralfarben auf dem Markt. Mit einem deutlich größeren Farbspektrum. Diese Farben trotzen starken Umwelteinflüssen, sind UV-beständig, ihr Farbton verändert sich nicht im Lauf der Zeit. Wenn man es genau nimmt, ist es ja eigentlich auch nur ein Gestein, das mit Pigmenten versetzt ist.

Kalkputz, Lehm, Kalkfarbe … zurück zur Natur auch bei den Wohnraumfarben?

Es gibt keine organischen Produkte, die die gleiche Wirkung haben, die beste Qualität finden wir nun mal in den Naturbaustoffen, denn sie haben neben der ästhetischen auch eine funktionelle Wirkung. Letztendlich machen wir uns hier ja nur ein Wissen zunutze, dass es seit Tausenden von Jahren gibt. Kalkfarbe zum Beispiel besteht aus Gestein, Wasser und vielleicht noch Zellulose und die Verwendung basiert auf 2.500 Jahren Erfahrung. Ein Haus, wie es heute gebaut wird, wird niemals wirklich alt. Bei hochmodernen Häusern ist der Schimmelbefall oft nur eine Frage der Zeit. Es mangelt hier nicht selten am optimalen Feuchtigkeitsaustausch, allein schon durch Wärmedämmverbundsysteme und vollkommen abgedichtete Fenster und Türen. Denn nicht jede Wärmebrücke ist negativ und wir könnten – allein schon, weil wir zum Beispiel den ganzen Tag arbeiten sind – gar nicht so viel stoßlüften, dass das trotzdem ausgeglichen werden würde. Und dann brauchen wir uns nicht wundern, wenn der Schimmel sich festsetzt. 

Schon Goethe hat gesagt: Alles ist gut, wie es aus den Händen der Natur kommt. Am besten gestalten wir uns also unser Umfeld natürlich. Ressourcenschonend und damit auch gut für den Klimaschutz.

Am häufigsten kommt Schimmel im Badezimmer vor – aufgrund der Feuchtigkeit im Raum, die auch mit Lüften oft nur schwer in den Griff zu bekommen ist. Die allgemeine Empfehlung lautet hier in der Regel, Antischimmelfarbe zu verwenden. Wie sehen Sie das?

Antischimmelfarben sind reine Chemiefarbe, die mit Bioziden versetzt sind, damit der Schimmel nicht entstehen kann. Diese Stoffe können durch Farbabrieb oder Ausdünstungen wieder in den Raum gelangen und von uns eingeatmet werden. Besser ist es, auch in den Feuchträumen mit natürlichen basischen Materialien wie Kalkputz und Kalkfarbe zu arbeiten. Denn die geben die Feuchtigkeit, die sie aufnehmen, auch wieder ab.


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Mal angenommen, ich möchte eine neue Wohnung beziehen und sicher sein, dass kein Schimmel da ist – habe ich eine Möglichkeit, das zu testen?

Hellhörig werden sollten Sie auf jeden Fall, wenn es feucht oder modrig riecht. Diese Gerüche allerdings können durch frische Anstriche schon mal überlagert sein und sich erst Wochen später zeigen. Es gibt aber auch spezielle Geräte, die die Feuchtigkeit in einer Mauer messen. Worauf Sie auf jeden Fall achten sollten, sind Flecken an den Wänden, zum Beispiel beim Übergang zwischen Decke und Wand oder in den Ecken. Dunkle Verfärbungen in der Nähe der Heizung, bei den Fensterbänken oder hinter großen Möbeln sind auch ein Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Die Oberflächen nehmen dann die Feuchtigkeit auf, geben Sie aber nicht wieder zu gleichen Teilen ab. Das hat zur Folge, dass die Wände feucht sind, ein perfekter Nährboden für einen Mikroorganismus wie den Schimmel. Da setzt er sich nieder und wächst. Und wenn wir den Schimmel sehen, ist der Schaden schon ziemlich groß.

Wenn ich schwarze Flecken an meiner Wand entdecke, könnte ich diese dann nicht einfach mit einem Schimmelspray behandeln oder überstreichen?

Beides ist keine Lösung. Denn der Schimmel, den Sie sehen, ist nur die Oberfläche. Der Schimmel wächst unter der Farbe einfach weiter und gefährdet Ihre Gesundheit. Schimmelspray auf Chlorbasis ist wie so manches Arzneimittel – es wirkt vielleicht gegen die Symptome, das Problem aber löst es nicht. Der Schimmel wächst unter der Oberfläche oder an anderer Stelle oft weiter und wir atmen dann die gefährlichen Sporen ein. Und da ist es egal, um welche Schimmelart es sich handelt. Denn auch wenn schwarzer Schimmel für unsere Gesundheit besonders gefährlich ist, sind auch grüne oder rote Varianten gesundheitsschädlich.



Gibt es eine Erste-Hilfe-Maßnahme bei Schimmel?

Ein gutes Akutmittel ist Spiritus. Denn der Alkohol bekämpft die Sporen und verfliegt so schnell wieder, dass er uns als Mensch nicht schadet. Aber das ist weder ein Allheilmittel noch eine Lösung. Die Ursache muss bekämpft werden. Das kann falsches Lüftungsverhalten sein, ein nicht richtig temperierter Raum, aber auch Baumängel, aufgrund derer die Wand immer wieder auskühlt.

Wir alle kommen um das Energiesparen nicht mehr herum – allein unsere öffentlichen Gebäude werden im Winter 2022/23 nur noch auf 19 Grad aufgeheizt. Halten Sie das für sinnvoll?

Natürlich spart das erst einmal Energie. Aber ich sehe da langfristig Probleme auf uns zukommen. Denn anders als viele Eigenheime sind öffentliche Gebäude oft nicht mit ausgesprochen natürlichen Materialien ausgestattet und ein Grad weniger kann da bereits zu einem Kondensat führen, das sich auf den kältesten Oberflächen im Raum, zum Beispiel der Fensterlaibung, festsetzt. Der Schimmel, der sich hier bilden kann, ist dann nicht nur gesundheitsgefährdend, sondern schädigt auch die Bausubstanz. Wenn ich dagegen die Oberflächen ausstatte mit natürlichen unbehandelten Produkten, und das gilt auch für Möbel und Bodenbeläge, dann schaffe ich auch eine natürliche Klimaanlage und komme sogar mit zweimal Stoßlüften am Tag gut aus – ohne einen Schimmelbefall befürchten zu müssen. Denn wir haben dann ein gesundes Raumklima, trockene, diffusionsoffene Wände mit gleichmäßiger Wärme und saubere Luft. An dieser Stelle lässt sich auch gut das Altbewährte mit dem Modernen wie Smart Home beziehungsweise Künstlicher Intelligenz verknüpfen. Hier bieten sich zum Beispiel spezielle Raumthermostate an, mit denen sich Energie sparen lässt ohne die Temperatur komplett herunterzuregeln. So sparen wir Energie, steigern wirtschaftlich und ressourcenschonend die Lebensqualität, tun etwas für den Klimaschutz und übernehmen Verantwortung auch für nachfolgende Generationen.

Sind alle Maler und Tapezierer gleichzeitig auch Schimmelexperten?

Die meisten kommen mit der Chemiekeule und das ist keine langfristige Lösung. Stattdessen sollten wir lieber die Kraft der Natur nutzen und aus organischen Untergründen anorganische machen. Um Schimmel keinen Raum zu geben. Denn immerhin verbringen wir 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen.

Lassen sich denn die Kosten für eine Schimmelbeseitigung abschätzen?

Nein, das lässt sich schwer abschätzen. Das kommt nicht nur auf die Größe des Raums und den Befall an, sondern auch darauf, ob Sie einem Schimmelbefall auch langfristig durch einen neuen Aufbau der Wände entgegenwirken wollen. Schimmel ist gesundheitsgefährdend, löst Allergien und Atemschwierigkeiten aus – hier jeden Cent zweimal umzudrehen wäre an der falschen Stelle gespart. Hinzu kommt: Verwenden Sie organische Materialien, dann müssen Sie alle drei bis fünf Jahre renovieren, bei anorganischen Materialien haben Sie zehn bis 15 Jahre Ihre Ruhe und das bei einer Mehrinvestition von nur 15 bis 20 Prozent. Das rechnet sich langfristig – für Ihren Geldbeutel und vor allem für Ihre Gesundheit.

Über unsere*n Autor*in
Bio-Malermeister Kai-Uwe Vogel
Der Bio-Malermeister aus Ludwigshafen hat sich neben Naturkalk-Systemen und klassischen Malerarbeiten vor allem auf Schimmelsanierung spezialisiert. Echtes Malerhandwerk: zuverlässig, verantwortungsvoll, nachhaltig.